Macht macht böse
Montag, 19. Januar 2004, 23:04 Uhr
Abgelegt unter: Allgemein, Merkwürdigkeiten, Squalus classic

In einem bescheidenen Anfall persönlichen Größenwahns stellte ich mir heute die Frage: “Was würde ich tun, wenn ich Weltherrscher wäre?”

Ich sah mich vor meinem geistigen Auge schon durch einen riesigen Marmorpalast stolzieren, gefolgt von einer treu ergebenen Dienerschar, die nur darauf lauerte, mir jeden nur erdenklichen Wunsch umgehend zu erfüllen. Nach einer kurzen Denkpause fiel erst einmal der Palast weg. So ein Ding wäre ja ganz schick, wenn man als Tourist etwas zum Besichtigen und Fotografieren bräuchte. Aber in so einem Riesenbunker wohnen? Ich habe zwar einen minimalen Hang zur Klaustrophobie und bin für jeden Kubikmeter Freiraum dankbar, den man mir lässt, aber eine solche Hütte wäre wirklich zu viel des Guten.

Der nächste zu streichende Punkt wäre die treu ergebene Dienerschar. Mir würde dieses ständige Gewusel um mich herum tierisch auf den Sack gehen. Als bekennender Misanthrop hätte ich ein echtes Problem damit, wenn mir permanent eine mehr oder minder große Menschentraube am Hacken kleben würde. Und es wären ja nicht nur Diener, die wie die Kletten an mir hängen würden. Mehrere Beraterstäbe, PR-Leute, Biographen, Groupies, Hofnarren, Bittsteller, Speichellecker und Arschkriecher würden mir wirklich den Spaß an der Freude nehmen. Ein besonderes Problem hätte ich wohl mit diesem Typen, der meinen Lorbeerkranz halten und mir ständig “Bedenke, dass du sterblich bist!” ins Ohr flüstern würde. Einerseits nervt mich Lorbeer ja schon, wenn ich ihn im Rotkohl finde, andererseits müsste mich dieser Memento-mori-Scherge sogar auf die Toilette begleiten. Wer möchte schon gern, auf einem goldenen Klo sitzend, dem Wahnsinn anheim fallen, nur weil man sich vor einem Untergebenen geniert?

Palast und Dienerschaft fallen also gleich weg. Das macht aber nichts, denn es gibt sowieso zwei Fragen, deren Beantwortung viel dringlicher wäre.

1. Wie würde ich die Weltherrschaft erlangen?

2. Was würde ich damit anfangen?

Wer nun eine blutige Machtergreifung erwartet, dürfte bitter enttäuscht werden. Die Geschichte hat in der Vergangenheit oft genug gezeigt, dass ein Regime, welches sich auf Terror und Gewalt stützt, früher oder später den Bach runtergeht. Außerdem bin ich nicht der Typ für so etwas. Zwar kann ich eigentlich niemanden so richtig leiden, aber das ist für mich noch lange kein Grund, Killerkommandos durch die Gegend zu schicken. Da ich auch nicht von Gottes Gnaden oder höhere Geburt zum Weltherrscher bestimmt wäre, käme übrigens auch kein vererbter Herrschaftsanspruch in Frage. Auch eine Bewerbung auf eine entsprechende Stellenausschreibung wäre nicht die optimale Lösung. Spätestens nach dem Vorstellungsgespräch müsste ich mit einer Absage rechnen, weil irgendein anderer Bewerber bessere Mathenoten im Abi hätte.

Eine demokratische Wahl wäre also die einzige Möglichkeit, mir die Welt untertan zu machen. Klar, keine Sau würde mich wählen, da ich als kleines Menschenkind, das ich nun mal bin, auf dem Erdenrund nur einen verschwindend geringen Bekanntheitsgrad habe. Ich würde jetzt mal mutig behaupten, dass mich allein von den unzähligen Chinesen auf dem Planeten kein einziger namentlich kennt. Das würde sich wahrscheinlich selbst in einem Weltwahlkampf nicht ändern, da ich mein Geld lieber in Schokolade als in Werbung stecke. Glücklicherweise handelt es sich hier ja um ein fiktives Szenario und wir gehen einfach mal davon aus, dass ich trotz der enormen Unwahrscheinlichkeit, einen Wahlsieg davontragen werde.

So, jetzt bin ich also Weltherrscher. Was nun?

Mit dem Ausschlafen am Sonntag ist es dann wahrscheinlich Essig. In einer solch verantwortungsvollen Position kann man von einer enormen Beschneidung der Freizeit ausgehen. Mal ganz ehrlich: Das würde mich extrem ankotzen. Da schaut man sich z.B. irgendein Video an oder sitzt mit Freunden in der Kneipe und dann klingelt dauernd das Handy, weil der Papst oder eine andere hochgestellte Persönlichkeit irgendetwas Wichtiges besprechen möchte. Das wirft dann sehr schnell einen ziemlichen Schatten auf den Abend. Machen wir uns nichts vor: Der Beruf des Weltherrschers ist ein 24-7-Job! Wenn irgendwo die Kacke am Dampfen ist, müssen persönliche Bedürfnisse ganz weit hinten anstehen. Die Bezahlung wäre mit Sicherheit dem Grad der Verantwortung angemessen, aber wann hätte man schon die Zeit, das nachgeworfene Geld auch nur zu einem Bruchteil zu verpulvern? Kaum geht man als Weltherrscher mal bei irgendeiner Online-Auktion auf Schnäppchenjagd, da trudeln auch schon die ersten Mails ins Postfach: “Chef, wir haben da ein kleines Problem….”

Abgesehen davon, dass mir dieser Job also viel zu stressig wäre, gehe ich einfach mal davon aus, dass die Sache noch einige andere Haken haben dürfte. Es gäbe etliche Neider, die ihre Ärsche gern selbst auf den Thron wuchten würden. Einige dieser Menschen würden – im Gegensatz zu mir – nicht einmal vor einem Mord zurückschrecken, um dieses Ziel zu erreichen. Ich sehe mich schon, Julius Caesar gleich, mit zahlreichen Stichwunden auf den Stufen eines Regierungsgebäudes zusammenklappen. Wie es in solchen Angelegenheiten meistens der Fall ist, sind die Mörder genau die Leute, zu denen man normalerweise immer einen ganz guten Draht hatte. “Auch du, mein Sohn…?” Gemessen an der Wichtigkeit des Postens, würde ich die Regierungszeit zwischen Amtseinführung und Ermordung auf drei bis sechs Stunden schätzen.

Sollte man, entgegen aller Erwartungen, den ersten Tag doch noch lebend überstehen, würde man spätestens mit seiner ersten wichtigen Entscheidung irgendeiner Wirtschaftslobby, Weltreligion, Berufsgruppe oder wem auch sonst, ganz gewaltig auf die Füße treten. Würde ich z.B. in meiner ersten Fernsehansprache “Freibier für alle!” versprechen, kann ich mit recht hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass eine militante Antialkoholikervereinigung bereits ihren ersten Attentäter ausschickt, um meinem Leben ein überraschendes und vor allen Dingen gewaltsames Ende zu bereiten. So ein Killer wäre doch, trotz aller Freude an der Macht, eine echte Spaßbremse. Selbst wenn ich offiziell den Weltfrieden ausrufen würde, würde das noch einigen Leuten enorm gegen den Strich gehen.

Ein weiterer Punkt, der mir die Macht ordentlich vermiesen würde, wäre die Boulevardpresse. Kaum lässt man mal einen Furz, steht es am nächsten Tag auch schon in der Zeitung. Sollte ich mit irgendeiner Prominenten zum Angeln gehen, kann man davon ausgehen, dass uns die Paparazzi schon irgendeine Affäre per Teleobjektiv nachweisen werden – selbst, wenn außer Angeln wirklich nichts weiter war.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch ganz kurz das Thema Inkompetenz ansprechen. Trotz aller Träumereien, muss ich der Menschheit gegenüber so ehrlich sein und zugeben, dass ich als Weltherrscher recht schnell überfordert wäre. Meine Kenntnisse in so wichtigen Dingen wie Diplomatie, Menschenführung, Gesetzgebung, Steuerrecht oder fernöstlicher Kampfkunst würde ich als rudimentär einschätzen. Es käme noch erschwerend hinzu, dass ich auch gar keine Lust hätte, mich in diese Themen einzuarbeiten. Bei Staatsbesuchen und -banketten würde man mich wahrscheinlich sehr schnell an den Katzentisch setzen, da ich den Knigge ebenfalls nicht verinnerlicht habe.

Steckt euch den Posten also an den Hut – Soll jemand anderes den Scheißjob machen. Ich bleibe lieber ein kleines Rädchen und knirsche böse vor mich hin, falls mir nicht gefällt, was in der großen Maschine abläuft. Wir werden ja schon sehen, wo die wahre Macht sitzt.

Abdankend….

Squalus



Behämmertes Nageln
Samstag, 10. Januar 2004, 23:02 Uhr
Abgelegt unter: Allgemein, Genervt!, Squalus classic

Es ist Wochenende. Für etliche Menschen ist das in der Woche die einzige Möglichkeit, ihren Hobbys zu frönen. Freizeitmusiker finden sich in Proberäumen zusammen, Rollenspieler verkriechen sich in ihre Dungeons, Sammler bevölkern Flohmärkte und Börsen, Sportler schwitzen an der frischen Luft ihre Klamotten voll, Kfz-Fetischisten waschen ihre Autos. Es herrscht also ein allgemeiner Tatendrang und ein fleißiges Wuseln. Selbstverständlich auch unter meinen Nachbarn. Was diese so im einzelnen treiben, ist mir ziemlich egal. Sollen sie alle glücklich mit dem werden, was sie in ihrer arbeitsfreien Zeit zur Vertreibung der Langeweile unternehmen.

Einem jedoch wünsche ich inzwischen, dass ihm bei der Ausübung seines Hobbys ein dazu passendes Unglück geschieht. Ich spreche vom ‘Nagler’. Dieser Mensch packt grundsätzlich am Samstag oder Sonntag seinen Hammer aus und schwingt ihn mit beharrlicher Ausdauer. Da Wände in der Regel aus Beton bestehen und sich Schall besonders gut durch feste Stoffe verbreitet, habe ich also auch etwas von der ganzen Aktion.

Jetzt wird der eine oder andere sagen, dass ich mich schließlich beschweren könne, wenn mich diese Sache so sehr nervt, aber dagegen sprechen drei Gründe. Erstens kann ich nicht richtig orten, woher diese akustische Umweltverschmutzung kommt. Ich bin mir nie ganz sicher, ob in der Wohnung neben oder über mir gehämmert wird oder ob der Übeltäter sogar im direkt angrenzenden Nebenhaus steckt. Zweitens habe ich in einem anderen Haus bereits die Erfahrung gemacht, dass, sollte man sich höflich, sachlich und begründet über das Fehlverhalten eines Nachbarn beschweren, sehr schnell ein Kleinkrieg in der Hausgemeinschaft losbrechen kann. Also bin ich mit solchen Aktionen inzwischen sehr vorsichtig. Drittens regt mich die Sache jetzt auch nicht so sehr auf, als dass ich davon Herzschmerzen oder ähnliches bekäme. Wenn mir der Krach zu viel wird, reicht in der Regel ein Faustschlag gegen die Wand und es herrscht umgehend Ruhe.

Insgeheim freue ich mich sogar immer ein wenig, wenn es wieder wummert. Es regt meine Phantasie an und lässt mich Vermutungen darüber anstellen, welchem Zweck der ganze Krach wohl dienen mag. Ich stelle mir also vor, dass es Leute gibt, die ihre Tapeten statt mit Kleister lieber mit Nägeln an der Wand befestigen. Vielleicht läuft auch wieder die zur Zeit meiner Kindheit so beliebte Serie ‘Zugeschaut und mitgebaut’. Es kann ja sein, dass sich mein lieber Nachbar mit Hilfe einer Videoaufzeichnung der Folge ‘Nagelbett’ seine ganz persönliche Schlafstatt bastelt. Möglicherweise gibt es aber auch bei Ikea ein entsprechendes Halbfertigprodunkt zur Selbstmontage – Mögliche Namen: Fakir oder Vishnu. Meine Lieblingsidee, die mir so durch den Kopf geistert, wenn es mal wieder richtig laut zur Sache geht: Günther Uecker lebt incognito mit mir unter einem Dach und fabriziert seine Nagelbilder. Sollte sich herausstellen, dass der letzte Fall der Wahrheit entspricht, werde ich künftig – auch in den gesetzlichen Ruhezeiten – auf meinen protestierenden Faustschlag gegen die Wand verzichten.

Bei allen Mutmaßungen ist der anonyme Hammerschwinger wahrscheinlich aber nur ein rücksichtsloser Zeitgenosse, dem es gar nicht in den Sinn kommt, dass einige Leute am Sonntagnachmittag auch mal ein Nickerchen halten möchten. Zwar habe ich geschrieben, dass mich die Sache nicht allzu sehr aufregt, aber falls ich irgendwann doch mal meinen eigenen Hammer heraushole und mich damit beschweren gehe, möchte ich den zuständigen Richter bereits jetzt um Milde bitten. Schuld wären letztendlich sowieso nur Heavy Metal, Horrorfilme und Ego-Shooter.

Bis denne…

Squalus



Bürozombies auf dem Weg zur Normalität
Mittwoch, 7. Januar 2004, 16:28 Uhr
Abgelegt unter: Allgemein, Squalus classic

Der Tag im Büro hatte heute etwas von einer Wiedersehensfeier der Hauptfiguren diverser Zombiefilme aus den Achtzigern. Abgekämpfte und blasse Gestalten fanden nach dem letzten Feiertag endlich wieder zusammen und quälten sich für 7,6 Stunden (Industriezeit) immer wieder mit den selben Fragen. Warum bin ich so müde? Was machen die ganzen Akten auf meinen Schreibtisch? Wann ist endlich Feierabend? Woher kommt dieser plötzliche Appetit auf Menschenfleisch?

Sowohl die schlauen Kollegen, die ihren Resturlaub des letzten Jahres strategisch günstig in die zahlreichen Brückentage gebuttert hatten, als auch die armen Schweine, denen dieses Vergnügen nicht vergönnt war, fühlten sich gleichermaßen gerädert. Die freien Tage wurden ausgiebig zum Durcheinanderbringen des Alltagstrotts genutzt, was sich am ersten (normalen) Arbeitstag spürbar rächte. Wiederbelebungsversuche durch Koffein in extremen Dosen führten nur in Einzelfällen zum Erfolg.

So schaute man sich gegenseitig in die schwarz umränderten Augen und konnte beim einen oder anderen Kollegen so etwas wie einen Hoffnungsschimmer darin lodern sehen (vielleicht waren es aber auch nur ein paar geplatzte Äderchen). Immerhin sind es inzwischen nur noch zwei Arbeitstage bis zum Wochenende und dieses soll ja in der Regel der Wiederherstellung der Arbeitskraft dienen.

Es kehrt also langsam aber sicher die Normalität in den Alltag zurück. Morgens um 3:00 Uhr ins Bett und um 6:00 Uhr wieder raus? Das ist auf die Dauer wohl doch ein wenig zu stressig. Der Schlafrhythmus wird sich also wohl oder übel wieder auf das Metronom der Arbeitszeiten einstimmen müssen.

Ich hoffe, dass ein Kopfschuss nicht das einzige Heilmittel gegen diesen untoten Zustand ist. Vielleicht hilft ja auch nur ein wenig Schlaf.

Bis denne…

Squalus