Sehr späte SpätFFForstellung
Freitag, 7. Oktober 2011, 18:13 Uhr
Abgelegt unter: Allgemein, Film und Fernsehen

Da war doch kürzlich was!? Naja, “kürzlich” ist ja inzwischen auch nicht mehr so ganz richtig. Lohnt es sich überhaupt noch, am 07. Oktober über eine achttägige Veranstaltung zu bloggen, die am 07. September endete? Ich weiß es wirklich nicht, mache es aber trotzdem.

Das Fantasy Filmfest, das in diesem Jahr vom 31.08. bis zum 07.09. im Stuttgarter Metropol Station machte, ist also seit genau einem Monat Geschichte. Da ich erstmals mit einer Dauerkarte am FFF teilnahm und deren Vorteile in vollen Zügen ausnutzen wollte, waren meine Ziele für die acht Festtage sehr hoch gesteckt. Insgesamt waren achtunddreißig Kinobesuche geplant. Was ist daraus geworden? Habe ich mir zu viel aufgebürdet? Bin ich auch in diesem Jahr wieder einmal in einer falschen Vorstellung gelandet? Was geschieht mit Menschen, die während der Vorstellung in meiner näheren Umgebung simsen oder telefonieren? Und wie waren eigentlich die ganzen Filme? Fragen über Fragen, die in meiner späten Spätlese beantwortet werden sollen.

Um es gleich am Anfang auf den Tisch zu bringen: Nein, ich habe nur zweiunddreißig statt der geplanten achtunddreißig Kinovorstellungen besucht. Und um die Sache noch ein wenig dramatischer zu machen: Ich habe insgesamt nur einunddreißig verschiedene Filme gesehen, da ich es wieder einmal geschafft habe, mich in das falsche Kino zu setzen. Statt mir am vorletzten Tag “Hideaways” im Metropol 2 zu Gemüte zu führen, marschierte ich am frühen Nachmittag ziemlich übermüdet ins Metropol 1, um mich versehentlich ein zweites Mal an “Deadheads” zu erfreuen. Naja, es gibt Schlimmeres, zumal “Deadheads” zu meinen persönlichen Favoriten des diesjährigen FFF gehörte.

Weitere sechs Filme gingen mir am fünften Festivaltag durch die Lappen bzw. ich ließ sie mir nach den ersten vier Tagen Kino-Marathon aus Konditionsgründen freiwillig durch die Lappen gehen, indem ich einen Ruhetag einlegte und zu Hause blieb. So kam es, dass ich die eingeplanten Vorstellungen von “I Am You“, “A Lonely Place to Die“, “A Horrible Way to Die“, “Grave Encounters“, “Urban Explorer” und “The Assault” nicht besuchte. Der Ruhetag hat mir jedenfalls nicht geschadet und ich konnte anschließend den Rest des Festivals entspannt und stressfrei mitnehmen.

Entspannt und stressfrei sind übrigens nicht zu 100% richtig, denn einige Vorstellungen gingen mir enorm an die Substanz. Nicht, dass es mir etwas ausmachen würde, wenn hie und da mal ein paar Gedärme über die Leinwand fliegen und das Kunstblut kübelweise in die Kamera spritzt — Nee, über solche Kleinigkeiten kann ich nur müde die Mundwinkel verziehen. Viel schlimmer sind für mich schlechte Filme und asoziale Kinobesucher. Doch immer schön der Reihe nach. Ich fange mal mit den grottigen Filmen an, von denen ich in diesem Jahr Gott sei Dank nur zwei erwischt habe. Der Einfachheit und Kürze halber, werde ich bei den erwähnten Filmen jeweils meine seinerzeit auf Facebook geposteten Ultrakurzkritiken in Klammern hinter den Titel setzen.

Die absoluten Lowlights des FFF waren für mich “F” (FB: “Unoriginell” 3 von 10) und “Chillerama” (FB: “Pubertärer Scheissdreck” 0 von 10). Während “F” lediglich schlecht war, weil die Handlung völlig sinnbefreit und ohne Pointe war, hat mich “Chillerama” innerlich richtig auf die Palme gebracht. Größtenteils ging es in diesem Episodenfilm um Gags weit unter der Gürtellinie, was ja noch verzeihlich gewesen wäre. Die völlig überdrehte Episode “The Diary of Anne Frankenstein” war allerdings dermaßen geschmacklos, dass es mir schier hochkam. Es muss nicht immer alles absolut p.c. sein, aber meine persönliche Schmerzgrenze wurde in diesem Fall kilometerweit überschritten. IGITT!!!

Der Beweis, dass (absichtlich) schlecht gemachte Filme auch Spaß machen können, kam in diesem Jahr aus Norwegen. “Norwegian Ninja” (FB: “Durchgeknallter Trash aus Skandinavien” 7 von 10) bot alles, was einen in geselliger Runde zum Lachen reizt: Schlechte Special Effects, ungelenke Martial Arts Einlagen und abstruse Wikinger-Ninja-Philosophie. Ein schöner Party-Film, der inzwischen als DVD bei mir zu Hause liegt (gibt es sehr billig in GB!).

Oh, jetzt hätte ich doch glatt die Simser und Telefonierer vergessen, die einem eine Kinovorstellung so richtig schön versauen können. Mich beschleicht das ungute Gefühl, dass es von Jahr zu Jahr schlimmer wird. Nicht nur, dass es in den Zuschauerrängen permanent irgendwo aufleuchtet, weil wieder einmal irgendeine Pappnase kurz die Uhrzeit vom Handy ablesen muss, nein, inzwischen wird so ganz nebenbei während der Vorstellung die eine oder andere SMS oder Mail abgesetzt oder sogar telefoniert. Wie asozial muss man dafür eigentlich sein? Während der Aufführung von “The Dead” (FB: “Für Fans des Genres ganz ok. Die Zukunft des Horrorfilms sehe ich allerdings in der Komödie” 6 von 10) saß links von mir eine Blondine, die ziemlich ungeniert Nachrichten auf ihrem Klapperhandy verfasste. Als ich sie ziemlich heftig anknurrte, dass sie das gefälligst unterlassen solle, kam sie mir noch mit dem Spruch: “Aber ich muss…” — “Du – musst – gar – nichts !!!”, war meine Antwort, danach war Ruhe. Das ätzende “Ciao-i!” zum Abschied hätte sich die hohle Schnalle nach dem Film getrost sparen können. Der zweite SMS-Clown saß während “Yellow Sea” (FB: “Knallhartes südkoreanisches Gangster-Gemetzel, das fast gänzlich ohne Schusswaffen auskommt. *g* 9 von 10) rechts neben mir und kuschte dankenswerterweise sofort nach meiner ersten Ermahnung.

Besonders geärgert hat mich auch der Typ mit der Baseballkappe, der schon telefonierend in den Saal kam, sich vor mich setzte und während der ersten Szenen von “Stake Land” (FB: “Mäßig unterhaltsamer Vampir-Slasher” 5 von 10) fröhlich weiterquatschte. Vor rechts bekam er nach einer Weile verbalen Zunder von zwei angenervten Zuschauerinnen, während ich zeitgleich zur physischen Gewalt griff, dem redefreudigen Herren einen leichten Klaps auf den Hinterkopf verpasste und ihn aufforderte, sein Gespräch gefälligst vor dem Kino zu Ende zu führen. Als der Abspann lief, geschah übrigens etwas, mit dem ich wirklich nicht gerechnet hatte: Der Gemaßregelte stellte sich vor mich und entschuldigte sich bei mir sehr freundlich für sein schlechtes Benehmen. Das hat mir imponiert und mich tatsächlich milde gestimmt.

Wenn ich jetzt noch die leichte Magenverstimmung (McDonald’s zum Frühstück?) erwähne, die mich vorzeitig aus der Vorstellung von “Perfect Sense” (FB: “Abbruch wegen knurrendem Magen” wahrscheinlich 5 von 10) trieb, dann habe ich wohl alle Negativpunkte abgehakt. Grund genug, mich nun ins Mittelfeld zu begeben, um dann abschließend die Highlights zu verkünden.

Tja, das Mittelfeld. Wie in jedem Jahr wohl der größte Posten auf dem FFF. Vielleicht bin ich auch einfach zu kritisch, wer weiß? Das Mittelfeld: Filme, die irgendwie nicht gut sind, aber dennoch so unterhaltsam, dass ich sie nicht in Grund und Boden kritisieren möchte. Bei mir sind das die Wertungen, die irgendwo bei 5 oder 6 Punkten von 10 liegen. Oft gilt da Gnade vor Recht, wie z.B. bei “Yellowbrickroad” (FB: “Seltsamer Streifen” 5 von 10), “Rabies” (FB:”Israels erster Horrorfilm überhaupt in Anwesenheit der super-sympathischen Regisseure” leider nur 6 von 10) oder “Saint” (FB: “Der Nikolaus trifft auf John Carpenters ‘The Fog’ … in Amsterdam … in der Vorweihnachtszeit. Nicht gut, nicht schlecht” 5 von 10). Leider konnte mich “The Innkeepers” (FB: “Gut besetzter Spukstreifen. Nett anzuschauen, allerdings relativ belanglos” 6 von 10), trotz seiner hervorragenden Darsteller, zu keiner besseren Bewertung bewegen. Die kleine Hauptdarstellerin in “Don’t Be Afraid of the Dark” (FB: “Ein ganz solider Grusler, dem es allerdings an Innovation und Originalität mangelt.” 6 von 10) spielte ihre erwachsenen Schauspielerkollegen locker an die Wand, der Film selbst war unterm Strich aber nur Mittelmaß. Dass ich mich in den letzten Jahren ein wenig an chinesischen Historien-Epen übersehen habe, macht wohl meine Bewertung von “The Lost Bladesman” (FB: “Eher lauwarme chinesische Küche” 6 von 10) deutlich. Vom südkoreanischen “End of Animal” (FB: “Etwas zäh, aber nicht schlecht” 6 von 10) hatte ich etwas mehr erwartet. Obwohl mich “The Valdemar Legacy” (FB: “Wie sagt man ‘Komm mal zu Potte’ auf spanisch?” 5 von 10) schon nicht vom Hocker gehauen hatte, tat ich mir einen Tag danach auch noch “The Valdemar Legacy 2: The Forbidden Shadow” (FB: “Warum hätte er besser sein sollen als der erste Teil?” 5 von 10) an, um wenigstens das Pointe der wenig mitreissenden Geschichte zu erfahren. “The Dead”, “Stake Land” und “Perfect Sense” wurden ja bereits weiter oben abgehakt.

So, nachdem ich nun also durch das Mittelfeld gehechelt bin, kommen wird jetzt langsam, aber sicher zu den guten Filmen des 25. FFF. Beginnen möchte ich mit den von mir mit 7 bewerteten Streifen. Eine 7 bedeutet in meinem persönlichen Wertungssystem ungefähr: Definitiv gut, aber noch unterhalb der Grenze zur Begeisterung. Der Einzelkauf einer Eintrittskarte für diese Filme, wäre ich nicht Inhaber einer Dauerkarte gewesen, hätte sich aus meiner Sicht auf jeden Fall gelohnt. So wussten “Hair of the Beast” (FB: “Locker-leichter Werwolf-Spaß.” 7 von 10), “The Last Death” (FB: “Ganz ordentlicher (SciFi-)Thriller aus Mexiko.” 7 von 10), “Phase 7” (FB: “Kurzweiliger Quarantäne-Spaß aus Argentinien.” 7 von 10) sowie der bereits erwähnte “Norwegian Ninja” durchaus zu überzeugen. Der inzwischen offiziell in Deutschland angelaufene und von der Presse fast ausnahmslos positiv besprochene “Attack the Block” (FB: “Chavs vs. Gorilla Wolf Alien Mother****** — Definitiv ein spaßiger Party-Film.” 7 von 10) gefiel mir ebenso wie “Hell” (FB: “Hausschlachtung – Aus deutschen Landen frisch auf den Tisch. Überraschend gut.” 7 von 10), der übrigens auf dem FFF den Publikumspreis “Fresh Blood Award” einheimsen konnte. “Norwegian Ninja” hatte ich ja bereits erwähnt.

Wie schön, dass nach oben hin noch ein wenig Luft ist, denn nun folgen die Filme, die mir richtig gut gefallen haben. Unter die Haut gingen mir “Yellow” (FB: “Ein bitterböses Vater-Sohn-Boot-Camp-Drama aus Spanien.” 8 von 10), “Point Blank” (FB: “Intelligenter Thriller aus Frankreich.” 8 von 10), “Territories” (FB: “Bitterböse und unangenehm.” 9 von 10) und ganz besonders “Snowtown” (FB: “Schonungslose Kost aus Australien.” 9 von 10). Sehr spaßig fand ich den ziemlich fiesen “The Woman” (FB: “Krank und unterhaltsam.” 9 von 10), den Superhelden-Streifen “Super” (FB: “Nicht super, aber sehr unterhaltsam.” 8 von 10) und die thematisch ähnlich gelagerten Gammelfleisch-Komödien “The Revenant” (FB: “Ziemlich abgefahren und sehr amüsant.” 9 von 10) und “Deadheads” (FB: “Sympathische Zombies-sind-auch-nur-Menschen-Komödie” 9 von 10).

And the winner is… Nun, in den letzten Jahren gab es auf dem FFF Filme, zu sehen, die mich vor Begeisterung schier weggeblasen haben. Dazu gehören auf jeden Fall “Waltz with Bashir“, “Four Lions” und “Symbol“. In diesem Jahr blieb dieses Gefühl der Euphorie aus, dennoch gab es einen Film, der definitiv eine 10er-Wertung verdient hat: Kevin Smiths “Red State” (FB: “John Goodman gegen einen Haufen christlicher Fundamentalisten. Klare Ansage!” 10 von 10). Neugierigen sei dieser Streifen nachdrücklich ans Herz gelegt.

So, ich habe fertig! Sofern es mein Urlaub im nächsten Jahr zulässt, werde ich definitv wieder mit einer Dauerkarte auf dem Fantasy Filmfest aufschlagen. Wer weiß, vielleicht schaffe ich es dann sogar, sämtliche geplante Vorstellungen zu besuchen.