Hallo Herr Beckstein,
na, war’s Ihnen langweilig oder mussten Sie einfach mal wieder auf sich aufmerksam machen? Seit ein paar Wochen muss man Ihr populistisches Geseiere zum Thema “”"Killerspiele”"” (zur Sicherheit gibt’s ein paar Anführungsstriche mehr) in nahezu jedem Medium über sich ergehen lassen. Ob ich nun die Zeitung aufschlage, die Glotze einschalte oder in irgendwelche Onlinenachrichten reinsurfe: In diesen Tagen stolpert man früher oder später über Ihre Nase und den Rotz, der ihr entfleucht.
Warum wundert es mich eigentlich nicht, dass die ganze Verbotsdebatte wieder einmal in Bayern bzw. der CSU ihren Anfang nahm? Warum wundert es mich nicht, dass Sie trotz einer erheblichen Zahl von Gegenargumenten nicht aufhören, nach Verboten zu rufen? So wie es scheint, überhören Sie in Ihrem eigenen Geschrei die Stimmen, die nicht mit Ihnen heulen wollen. Das Problem ist nur: Das kategorische Ignorieren anderer Meinungen lässt den Schluss zu, dass Sie im Grunde überhaupt keine Ahnung von dem haben, was Sie so eifrig bekämpfen möchten. Naja, da Sie schon ein alter Mann sind, der wohl eher mit dem Radio als mit dem Computer groß geworden ist, möchte ich Ihnen nicht unbedingt unterstellen, dass Sie wirklich wissen, was in der Welt der Bits und Bytes und drumherum abgeht. Dass Sie sich trotzdem als Medienexperten mit Durchblick darstellen, halte ich immerhin für ziemlich mutig. Respekt!
Der relativ glimpflich abgelaufene Amoklauf von Emsdetten spielte Ihnen als Politiker natürlich ganz wunderbar in die Hände. Das gemeine Wählervolk ist über das Geschehene schockiert und wenn man dann noch zeitnah seine Visage in die Kameras hält und mit großen Worten und Forderungen kommt, dann gewinnt man natürlich die Massen für sich —- und darum geht’s doch eigentlich in der Politik, oder? Letztendlich handelt es sich bei Ihren Forderungen doch nur um medienwirksame Schnellschüsse ohne Hand und Fuß (…und Kopf). Da sich aber ein nicht zu verachtender Bevölkerungsteil seine Meinung mit der Hilfe von Boulevardmagazinen und über pseudoseriösen Investigativjournalismus BILDet, können Sie sicherlich mit einer gewissen Rückendeckung aus der Stammtischfraktion rechnen. Machen Sie aber bitte nicht den Fehler und versuchen Sie in Folge des Amoklaufs, auch noch nach einem Verbot von Schützenvereinen zu rufen: Das liegt zwar auch irgendwie nahe, aber es könnte Sie in ländlichen Gebieten durchaus Wählerstimmen kosten. Tja, immer diese verdammten Lobbies. Wie gut, dass Computerspieler (scheinbar) keine Lobby haben.
Jetzt schreien Sie also nach einer Verschärfung des §131 StGB (Gewaltdarstellung). Es ist Ihnen ja völlig egal, dass sich zwischenzeitlich schon einige Juristen und Politiker zu Wort gemeldet haben, die der Meinung sind, dass dieser Paragraph in seiner bestehenden Form bereits absolut ausreichend ist. Mein Herr, Sie sind ein Ignorant! Schlagworte wie “Verbot”, “Strafe” und “Gesetzesänderung” machen sich in den Medien natürlich richtig gut – Das Wort “Zensur” ist da schon eher negativ belastet. Dass aber gerade der §131 StGB schon heute unter dem Deckmantel des Jugendschutzes für eine Art der Zensur (die in Deutschland selbstverständlich nicht stattfindet!!!) ‘missbraucht’ wird, kann ich Ihnen als leidgeprüfter Filmsammler aber flüstern. Eine weitere Verschärfung des §131 StGB wird in Folge zu weiteren Kürzungen und Verboten von Medieninhalten führen – Es ist also eine schleichende Zensur, nach der Sie – bewusst oder unbewusst – rufen. Pfui!
Was mich aber schon seit Jahren wundert: Wenn “Eine Zensur findet nicht statt” im Art. 5 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes steht, warum muss ich mir dann als volljähriger (mündiger?) deutscher Staatsbürger in vielen Fällen meine Uncut-Streifen im Ausland besorgen? BTW: Falls jetzt irgendein Witzbold auf die Idee kommen sollte, mich anonym anzuzeigen: In meiner Videosammlung befinden sich nur Filme, deren Besitz nach §131 StGB (noch!) nicht verboten ist. Ein Haufen ungeschnittener Horrorfilme im Schrank erfüllt noch lange keinen Straftatbestand (und macht mich auch nicht zum Amokläufer!). Es ist schon schlimm genug, dass ich darauf aufmerksam machen muss.
Ich merke gerade, dass ich in einem Traumland fernab der Realität lebe. Was kommt als nächstes? Muss ich künftig befürchten, dass mein Web Site Logo als gewaltverherrlichendes Symbol eingestuft wird? Muss ich mir bald dreimal überlegen, was ich hier schreibe, weil irgendjemand meinen könnte, dass meine Texte eventuell einen aggressiven Unterton haben, der potentielle Amokläufer, anrchistische Steineschmeisser und staatsfeindliche Bombenleger zu unerfreulichen Spontanhandlungen anstacheln könnte? Muss ich mit Hausdurchsuchungen rechnen, weil ich hier mal in einem älteren Text geschrieben habe, dass ich gern mit einer AK-47 in der Hand einkaufen gehen würde. Muss ich mich beim nächsten Parkvergehen vor irgendwelchen Beamten rechtfertigen, weil ich eine Zeitlang “Battlefield 1942″ gepielt habe, trashige Zombiefilme mag und diverse Punk- und Metalalben in meinem Plattenschrank stehen habe? Wenn das so weitergeht, werden diese (zugegebenermaßen übertriebenen) Befürchtungen irgendwann mal zur erschreckenden Realität. Es bleibt nur zu hoffen, Herr Beckstein, dass die Lachnummer, die Sie im Augenblick abziehen, keine weiteren Folgen haben wird.
Paranoide Grüße (soweit haben Sie mich schon getrieben)
Squalus
2 Kommentare bisher
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Du hast naechtelange Quake Sessions vergessen… Ja, mein Freund, ich erinnere mich an dich..
Warst es nicht du der in dem komischen Quake 1 Mod immer als Axtschwingender Barbar auf Drogen rumgerannt bist? Oder war das schon Quake 2?
Kommentar von Foppel

Freut mich, wieder mal etwas von dir zu hören.
Hmm, bei unseren Quake-, Quake2-, Duke Nukem-, Shadow Warrior- (und wie sie alle hießen) Sessions bin ich doch eigentlich immer gesittet und regelkonform vorgegangen. Meist habe ich doch sowieso nur versucht, Konflikten durch ausgiebige Diskussionen via Chat aus dem Wege zu gehen. *g* Axtschwingender Barbar??? Die Rolle passt doch eher zum “Volk”, oder?


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